Mein Leben mit Tinder
Vor einiger Zeit lud ich die Tinder-App und meldete mich an. Der Grund war, dass ich vier Wochen zuvor verlassen worden war. Das ist wohl der Grund, aus dem sich die meisten bei Tinder anmelden. Viele zumindest. Einige ein paar Wochen früher, andere ein paar Monate später und wieder andere wurden zum Zeitpunkt der Anmeldung noch gar nicht verlassen. Man kann sich auch vorsorglich anmelden. Wer weiß, vielleicht wird man mal verlassen und braucht dann Abwechslung. Wie das ist, kann man vorher probieren, dann ist es hinterher nicht mehr so neu. Es wird sich nicht ganz so anfühlen, da sowohl Adrenalin-, als auch Serotonin- und Dopaminspiegel bei Seitensprüngen vor dem Ende einer Beziehung höher sind als hinterher, aber egal...
Der eigentliche Grund meiner Anmeldung war, dass meine Exfreundin einen Neuen hatte. Eigentlich war die Exfreundin weder Exfreundin noch war ihr Freund neu. Er war der gleiche und da ich nur eine Nacht mit ihr verbracht hatte, bevor er ihr Freund wurde, kann ich wohl nicht von meiner Exfreundin sprechen, obwohl ich weder wußte, dass der Wiederbelebte ihr Freund war, als sie noch bei mir übernachtete, noch wusste ich, dass sie einen Freund hatte. Naja, "ob sie einen Freund hatte", müsste es heißen. Hätte ich nicht gewusst, dass sie einen Freund haben könnte, hätte ich mich vielleicht etwas mehr über ihre Antwort, auf meine Frage, ob man vermuten könne, sie sei zu viel Frau für einen Mann, gewundert. Ich hätte die Frage vielleicht gar nicht gestellt, aber zumindest ein erschrockenes "wie kommst du denn darauf" oder ein wütendes "spinnst du" statt eines trockenen "es hört sich so autobiografisch an..." erwartet. Auch wäre ich etwas überraschter gewesen, als sie nach meiner Frage, "Fliegst Du mit dem Tinder-Match nach Bali?" eine Pause machte, die so lang war, dass sie die Gesichter einer vierzigköfpigen Reisegruppe hätte durchgehen können, um mit einem entschiedenen "Nein" zu antworten, weil sie das Gesicht ihres Freundes nicht unter den Mitreisenden entdecken konnte.
Ja, der Wiederbelebte kam von Tinder. Ausgerechnet nach der einzigen Nacht, die wir gemeinsam verbrachten, bevor sie ihn kennenlernte, meldete sie sich dort an. Sie hatte die Frage zwar nie direkt beantwortet, aber seltsame Whatsapp-Profilfotos ließen mich glauben, sie sei auf einer iPhone-tauglichen online-Datingplattform unterwegs. Es waren diese Bilder, die man nicht unbedingt als seriöse Profilfotos beschreibt: Ein Bild am Strand, mit einer viel zu großen Sonnenbrille und so schräg von oben fotografiert, dass die spärlich von einem Bikinioberteil bedeckte Brust viel größer wirkte, als sie es in Wirklichkeit war. Und ein paar Tage später ein Closeup vor schummriger Beleuchtung, auf dem Mund und Augen den Begriff "lüstern" bis zur Perfektion visualisierten. Die Frage, warum man solche Bilder als Profilfoto einstellte, wenn der eigene Chef als Kontakt im Telefon gespeichert war, verkniff ich mir. Ich wusste, dass ihr Chef zu ihren Whatsapp-Kontakten zählte, weil ich es war. Logistisch war das, was folgte, also keine größere Herausforderung. Der Wiederbelebte arbeitete in der Woche in einer anderen Stadt, ich verbrachte die Wochenenden mit meinen Kindern in einer noch anderen Stadt und notfalls gab es immer die Möglichkeit, so lange zu arbeiten, bis alle Nachbarbüros leer waren und dann noch ein paar Stunden dranzuhängen oder eben eine Dienstreise mit zwei Zimmern zu buchen, von denen nur eines am folgenden Tag frische Wäsche benötigte. Auch sonst war die Herausforderung nicht riesig, da zumindest ich das Offensichtliche nicht sah oder zumindest nicht sehen wollte.
Nachdem sie fälschlicherweise vermutete, eine andere Kollegin sei vornehmlich aus Attraktivitätsgründen eingestellt worden, pfiff sie diese zusammen, als die erwartete Zusammenpfeifunterstützung ausblieb, kündigte sie zunächst die bis dahin laufende Affäre und vier Wochen später ihren Job. An ihrem viertletzten Arbeitstag wurden wir - wie es sich gehört - nach der Weihnachtsfeier wieder ein Paar. Und diese jetzt feste Beziehung sollte genau zwölf glückliche Stunden lang halten. Mittags teilte ich ihr mit, die oben genannte andere Kollegin müsse sie in der darauffolgenden Woche auf einer Dienstreise vertreten. Damit war die zu dem Zeitpunkt ordnungsgemäß zu zweit geführte Beziehung beendet, sie verabredete sich umgehend mit dem zwischenzeitlich ebenfalls verblichenen zweiten zwecks Wiederbelebung, ich verstand den Satz "don't fuck in your company" besser als je zuvor und saß weitere vier Wochen später bei einem Freund, um sehr viele Bierdosen zu leeren, noch mehr Zigaretten zu rauchen, mir gespannt seine Tinder-Matsches anzusehen, die App zu laden und nette Leute aus meiner Umgebung kennenzulernen...
Der eigentliche Grund meiner Anmeldung war, dass meine Exfreundin einen Neuen hatte. Eigentlich war die Exfreundin weder Exfreundin noch war ihr Freund neu. Er war der gleiche und da ich nur eine Nacht mit ihr verbracht hatte, bevor er ihr Freund wurde, kann ich wohl nicht von meiner Exfreundin sprechen, obwohl ich weder wußte, dass der Wiederbelebte ihr Freund war, als sie noch bei mir übernachtete, noch wusste ich, dass sie einen Freund hatte. Naja, "ob sie einen Freund hatte", müsste es heißen. Hätte ich nicht gewusst, dass sie einen Freund haben könnte, hätte ich mich vielleicht etwas mehr über ihre Antwort, auf meine Frage, ob man vermuten könne, sie sei zu viel Frau für einen Mann, gewundert. Ich hätte die Frage vielleicht gar nicht gestellt, aber zumindest ein erschrockenes "wie kommst du denn darauf" oder ein wütendes "spinnst du" statt eines trockenen "es hört sich so autobiografisch an..." erwartet. Auch wäre ich etwas überraschter gewesen, als sie nach meiner Frage, "Fliegst Du mit dem Tinder-Match nach Bali?" eine Pause machte, die so lang war, dass sie die Gesichter einer vierzigköfpigen Reisegruppe hätte durchgehen können, um mit einem entschiedenen "Nein" zu antworten, weil sie das Gesicht ihres Freundes nicht unter den Mitreisenden entdecken konnte.
Ja, der Wiederbelebte kam von Tinder. Ausgerechnet nach der einzigen Nacht, die wir gemeinsam verbrachten, bevor sie ihn kennenlernte, meldete sie sich dort an. Sie hatte die Frage zwar nie direkt beantwortet, aber seltsame Whatsapp-Profilfotos ließen mich glauben, sie sei auf einer iPhone-tauglichen online-Datingplattform unterwegs. Es waren diese Bilder, die man nicht unbedingt als seriöse Profilfotos beschreibt: Ein Bild am Strand, mit einer viel zu großen Sonnenbrille und so schräg von oben fotografiert, dass die spärlich von einem Bikinioberteil bedeckte Brust viel größer wirkte, als sie es in Wirklichkeit war. Und ein paar Tage später ein Closeup vor schummriger Beleuchtung, auf dem Mund und Augen den Begriff "lüstern" bis zur Perfektion visualisierten. Die Frage, warum man solche Bilder als Profilfoto einstellte, wenn der eigene Chef als Kontakt im Telefon gespeichert war, verkniff ich mir. Ich wusste, dass ihr Chef zu ihren Whatsapp-Kontakten zählte, weil ich es war. Logistisch war das, was folgte, also keine größere Herausforderung. Der Wiederbelebte arbeitete in der Woche in einer anderen Stadt, ich verbrachte die Wochenenden mit meinen Kindern in einer noch anderen Stadt und notfalls gab es immer die Möglichkeit, so lange zu arbeiten, bis alle Nachbarbüros leer waren und dann noch ein paar Stunden dranzuhängen oder eben eine Dienstreise mit zwei Zimmern zu buchen, von denen nur eines am folgenden Tag frische Wäsche benötigte. Auch sonst war die Herausforderung nicht riesig, da zumindest ich das Offensichtliche nicht sah oder zumindest nicht sehen wollte.
Nachdem sie fälschlicherweise vermutete, eine andere Kollegin sei vornehmlich aus Attraktivitätsgründen eingestellt worden, pfiff sie diese zusammen, als die erwartete Zusammenpfeifunterstützung ausblieb, kündigte sie zunächst die bis dahin laufende Affäre und vier Wochen später ihren Job. An ihrem viertletzten Arbeitstag wurden wir - wie es sich gehört - nach der Weihnachtsfeier wieder ein Paar. Und diese jetzt feste Beziehung sollte genau zwölf glückliche Stunden lang halten. Mittags teilte ich ihr mit, die oben genannte andere Kollegin müsse sie in der darauffolgenden Woche auf einer Dienstreise vertreten. Damit war die zu dem Zeitpunkt ordnungsgemäß zu zweit geführte Beziehung beendet, sie verabredete sich umgehend mit dem zwischenzeitlich ebenfalls verblichenen zweiten zwecks Wiederbelebung, ich verstand den Satz "don't fuck in your company" besser als je zuvor und saß weitere vier Wochen später bei einem Freund, um sehr viele Bierdosen zu leeren, noch mehr Zigaretten zu rauchen, mir gespannt seine Tinder-Matsches anzusehen, die App zu laden und nette Leute aus meiner Umgebung kennenzulernen...
SuperR - 27. Okt, 15:26
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